Die ersten Acht

“Wir glauben, unsere Töchter haben etwas Besseres zu wählen als einen Abgeordneten, nämlich ihren Ehegatten und wenn sie damit fertig sind, dann haben sie ihre Kinder zu erziehen und sie zu guten, brauchbaren, tüchtigen, strammen Preußen und Deutschen zu machen,” sagte der deutsche Landtagsabgeordnete Ahrens 1913 über das Frauenwahlrecht. Er brachte damit auf den Punkt, was auch deutsche Kaiser Wilhelm II dachte: die Aufgabe der Frauen ist die "stille Arbeit im Hause und in der Familie", und zwar nur die.

Gegner des Frauenwahlrechts waren auch in Österreich nicht weit. Nur die Sozialdemokratische Partei trat für das Frauenwahlrecht ein und das auch erst, nachdem das Wahlrecht für Männer erkämpft sein würde.

Trotzdem – nach langem Ringen war es geschafft. 1919 durften Frauen in Österreich wählen und sich auch wählen lassen. Unter 170 Abgeordneten, die ins Parlament einzogen, waren acht Frauen. Das entspricht gerade mal 4,7 Prozent.

Die ersten acht Frauen
im österreichischen Parlament
1919-1934

Adelheid Popp, Sozialdemokratin

“Zum Wählen zu dumm - aber zur Arbeitspflicht und für das Kriegsführen gescheit genug”, sagte Adelheid Popp bei der Frauentagsversammlung im März 1918.

Amalie Seidel, Sozialdemokratin

Wurde schon in jungen Jahren als sozialdemokratische Rednerin verhaftet. Sie war Mitorganisatorin des ersten Frauenstreiks in Österreich, gemeinsam mit Adelheid Popp.

Anna Boschek, Sozialdemokratin

Eine Pionierin der österreichischen Gewerkschaftsbewegung. Sie war Arbeiterin in der Chemie- und Textilindustrie und wurde im austrofaschistischen Ständestaat verhaftet

Emmy Freundlich, Sozialdemokratin

Engagierte sich in der Arbeiter*innenbewegung, publizierte in sodzialdemokratischen Medien und organisierte die Textil-, Tabak- und Heimarbeiterinnen. Sie wurde 1934 ebenfalls verhaftet.

Gabriele Proft, Sozialdemokratin

Als einzige der acht Ersten war sie auch in der Zweiten Republi noch Politikerin. Die ehemalige Hausgehilfin und Friedenspolitikerin wurde zweifach inhaftiert, sowohl vom Dollfuß-Regime als auch von den Nationalsozialisten.

Hildegard Burjan, Christlichsoziale

Die einzige Parlamentarierin aus dem christlich-sozialen Lager kümmerte sich mit einer Vielzahl von sozaieln Initiativen um Randgruppen der Gesellschaft. Sie zog sich bereits 1920 - vermutlich wegen zunehmendem innerparteilichem Antisemitismus - aus der Politik zurück.

Marie Tusch, Sozialdemokratin

Begann bereits mit 12 Jahren, in einer Tabakfabrik zu arbeiten. Von Beginn an organisierte sie sich gewerkschaftlich, bis 1934 blieb sie Nationalratsabgeordnete.

Therese Schlesinger, Sozialdemokratin

Gründete 1902 gemeinsam mit Adelheid Popp den “Verein sozialdemokratischer Frauen und Mädchen” und zwar gegen den Wunsch der eigenen Parteispitze. Bis 1934 blieb sie Abgeordnete.

Einblicke in die Kämpfe von Frauen um politische Mitbestimmung – von der Französischen Revolution bis in die jüngste Vergangenheit – gibt unsere Ausstellung “Sie meinen es politisch! 100 Jahre Frauenwahlrecht in Österreich”. Sie ist noch bis 07. Juni im Frauenmuseum Hittisau zu sehen.

Die letzte Führung mit Kurator Remigio Gazzari und Univ.-Prof.in Gabriella Hauch findet am Sonntag, 07.06. um 17 Uhr statt. Anmeldungen unter T +43 664 88431964 oder fuehrungen@frauenmuseum.at.

Politik ist eine viel zu ernste Sache, als dass man sie allein den Männern überlassen könnte.

Käte Strobel

Text: Andrea Schwarzmann

Images: Den Frauen ihr Recht; aus: Adelheid Popp: Der Weg zur Höhe. Wien 1929, Seite 131. In: https://www.onb.ac.at/forschung/ariadne-frauendokumentation/frauen-waehlet/frauen-fordern-das-wahlrecht-1848-bis-1918/heraus-mit-dem-frauenwahlrecht © https://www.onb.ac.at/forschung/ariadne-frauendokumentation/frauen-waehlet/die-frau-als-waehlerin-und-politikerin-1918-bis-1919/frauen-im-parlament

References: https://frauenmachengeschichte.at/frauenwahlrecht/
Planert, Ute (1996): Antifeminismus im Kaiserreich. Diskurs, soziale Formation, politische Mentalität. Göttningen: Vandenhoeck&Ruprecht.