Perspektiven in Zeiten der Krise.

Die Welt steht still. Was kann Kultur in einer globalen Krisensituation leisten? 

Sie kann stützen, motivieren, Impulse liefern, Perspektiven zeigen. 

Ein Album für die Frauen

Ein Album für die Frauen

Der Gegenteil-Tag, einer der merkwürdigsten Gedenktage. Denn nicht nur inhaltlich sorgt er für Verwirrung, es ist auch nicht klar, woher er kommt. Wir – oder wer auch immer – feiern ihn jedes Jahr am 25. Jänner. Diesen Tag wollen wir zum Anlass nehmen und einen ganz besonderen Gastbeitrag vorstellen: Der aus Kapstadt stammende Singer-Songwriter Brendan Adams schreibt über die Frauen, die sein Leben begleitet, beeinflusst, verändert, gewandelt haben.



Brendan Adams
*1981, Singer-Songwriter

Wo ich ohne die Frauen in meinem Leben gelandet wäre, wage ich mir nicht auszumalen. Vermutlich nicht in der Kunst. Und das, obwohl ich mir eigentlich nicht vorstellen kann jemals etwas anderes zu tun, als Musik zu machen.

 
Brendan als Baby, im Arm der Mutter

Brendan als Baby, im Arm der Mutter

Meine Mutter

Es war meine Mutter, die mich lehrte, was es bedeutet, an etwas zu glauben. An mich selbst zu glauben. Ohne ihr Zutun wäre ich nicht der Mann, der ich heute bin. Sie war der sanfteste Mensch, den ich kannte und ihre grenzenlose Freundlichkeit und Güte hat meine frühe Kindheit geprägt. Die Zeiten waren nicht leicht, die Apartheid in Südafrika bestimmte den Alltag und erschwerte unser Leben massiv. Und doch lehrte sie uns jeden Tag, dass wir einfach alles im Leben erreichen können, wenn wir es nur wollen.

„Dabei gab es nie einen Unterschied zwischen uns Buben und meinen Schwestern, wir alle durften die sein, die wir sein wollten. “

Brendan Adams über seine Mutter

Wir durften uns umsehen und experimentieren und es war uns erlaubt, dabei ungehalten und frei zu sein. Sie war es, die den Künstler in mir schon früh entdeckte und mir zeigte, welche Ausdrucksmöglichkeiten es für mich gab. Dass ich die Musik zu meiner Kunst machen würde, hat sie leider nicht mehr aktiv miterlebt. Denn sie starb an Brustkrebs, als ich gerade einmal zehn Jahre alt war. Die Jahre, die folgten, waren nicht leicht, und doch weiß ich, dass sie in der kurzen Zeit, die wir gemeinsam verbringen durften, den Samen für einfach alles in meinem Leben gelegt hat.

 
Kim und Brendan in Jugendjahren

Kim und Brendan in Jugendjahren

Kim

Es sind bekanntlich die Teenagejahre, in denen viele Entscheidungen für das spätere Leben getroffen werden. Auch wenn ich gestehen muss, dass ich wohl eher sehr viel Unfug im Kopf hatte als wegweisende Entscheidungen zu treffen, so war es doch in diesen Jahren, in denen ich Freundschaften fürs Leben schloss. Menschen, die mich bis heute begleiten, so wie meine Freundin Kim. Als oft einziges Mädchen in unserer Runde musste sie sich, rückblickend betrachtet, bestimmt oft durchsetzen. Denn auch wir waren nicht gefeit davor, bestimmte Stereotype zu bedienen und alle Privilegien auszukosten, die es nun einmal mit sich bringt, ein Junge zu sein. Sie ließ uns das aber ganz einfach nicht durchgehen, da gab es keine Diskussion. Stattdessen informierte sie uns über die Schwierigkeiten, mit denen sie als heranwachsendes Mädchen in einer männerdominierten Welt täglich konfrontiert war. Bis heute führen wir wundervolle Gespräche über alles mögliche, oft auch darüber, wie es ist, unsere Buben in der heutigen Zeit groß zu ziehen. Zu Feministen zu erziehen.

 

Eunice

Die Frau, die zu meinem Zuhause wurde, nachdem meine Mutter starb, war meine Tante Eunice. Sie war es, die ein Auge auf mich hatte, während ich versuchte herauszufinden, wer ich war und was genau ich mir vom Leben erwartete. Von ihr lernte ich, dass jeder Tag mir die Möglichkeit bot, neu zu beginnen. Neue Entscheidungen zu treffen und Dinge besser zu machen, als ich es vielleicht noch am Vortag geschafft hatte.

Wir alle, so brachte sie mir bei, tragen das Potential in uns, Veränderung herbeizuführen.

Brendan Adams über seine Tante Eunice

In ihrem Alltag passierte es nie, dass sie einer Ungerechtigkeit begegnete und sich abwand. Bis heute wundere ich mich gelegentlich darüber, wie es einem nur gelingen mag, so auf sich selbst konzentriert zu sein und dabei niemals auf andere zu vergessen.  Als Kämpferin in ihrem Alltag hat sie mir dabei eine wichtige Sache beigebracht:

Es lohnt sich, für das einzustehen, woran man glaubt und man geht niemals den falschen Weg, wenn man seinen eigenen Weg geht.

Brendan mit seiner Tante Eunice

Brendan mit seiner Tante Eunice

 
Schwester Alicia mit Brendan auf der Bühne

Schwester Alicia mit Brendan auf der Bühne

Alicia

Unsere Wege führten uns schließlich nach England, wo wir beide eine Weile arbeiteten und uns gegenseitig Halt gaben, wenn wir Mühe hatten, das Leben zu ertragen. Es war zu dieser Zeit, dass ich meine Schwester Alicia besuchte, die mittlerweile in Zürich lebte. Ihr erzählte ich, dass es an der Zeit war, nach Hause zu fliegen. Aufzugeben, mir einen schlecht bezahlten Job zu suchen und die Musik an den Nagel zu hängen. Sie aber, wie sollte es anders sein, duldete meine Antwort nicht. Aufgeben war nicht, was uns beigebracht wurde. Stattdessen half sie mir dabei, eine Demoplatte aufzunehmen und sorgte dafür, dass ich bei einer der Open-Mic-Veranstaltungen in einem angesagten Züricher Klub auftreten konnte. Bei besagtem Auftritt traf ich Alfred Vogel, einen im Bregenzerwald lebenden Musiker, mit dem ich im Anschluss über viele Jahre gemeinsam Musik machte.

 

 
Jessica und Brendan Adams

Jessica und Brendan Adams

Jessica

Während meiner Zeit im Bregenzerwald lernte ich meine Frau Jessica kennen. Sie erinnert mich an all die mutig starken Frauen, die mich durch mein Leben begleitet hatten und es war schnell klar – hier bin ich zu Hause. Auch sie versteht es, jeden Tag als neue Chance zu sehen und erinnert mich stetig daran:

Unsere Worte sind nicht von Bedeutung, wenn ihnen keine Taten folgen.

Brendan Adams über seine Frau Jessica

Das Leben läuft bei weitem nicht immer so, wie man sich das wünscht, aber von ihr habe ich gelernt, dass es auch in schwierigen Zeiten immer nur den Weg nach vorne gibt. Die sanfte Stärke, mit der sie dem Leben die Stirn bietet, beeindruckt mich jeden Tag aufs Neue, und ich bin dankbar, sie an meiner Seite zu wissen.


Danke

Ihr und all den anderen wunderbaren Frauen in meinem Leben verdanke ich, dass ich auch heute, zwanzig Jahre später, noch immer Musik mache. Denn sie alle haben mir beigebracht, dass Träume nicht bunt genug sein können und dass es sich lohnt das zu tun, woran man glaubt.

In diesem Frühjahr erscheint meine neue Platte „Buttons“, die bereits jetzt auf www.badams53.com vorbestellt werden kann. Darauf findet sich eine Auswahl an Songs aus dem Projekt BADAMS53 (2020 wurde in diesem Rahmen jede Woche ein neues Musikstück samt Video veröffentlicht). Das dieses Projekt nun in einem Album seinen Höhepunkt findet, fühlt sich für mich tatsächlich wie ein wahrgewordener Traum an.

Wenn ich auf das vergangene Jahr zurückblicke, dann sehe ich mein ganzes Leben vor mir. Die Erfahrungen, die Musik, die Menschen. Und ich denke es ist an der Zeit, den Frauen in meinem Leben danke zu sagen. Denn ihnen gebührt dieses Album.



Text: Brendand und Jessica Adams

Images:
Titelfoto von https://www.badams53.com/about

Weitere Infos:
https://www.badams53.com/



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