Perspektiven in Zeiten der Krise.

Die Welt steht still. Was kann Kultur in einer globalen Krisensituation leisten? 

Sie kann stützen, motivieren, Impulse liefern, Perspektiven zeigen. 

Expertin für Geburtenkontrolle.

Expertin für Geburtenkontrolle.

Trotula, die Ärztin von Salerno
ca. 1040-1097

Lange Zeit standen weibliche und männliche Heilkundige auf derselben Stufe. Im frühen Mittelalter waren oft Nonnen und Mönche mit der Heilkunst betraut. Und vielerorts gab es auch gelehrte Ärztinnen.

Ganz berühmt war die Schule von Salerno in Süditalien, wo die Frauenärztin Trotula lehrte. In der Stadt südlich von Neapel begann man früh, medizinische Texte antiker Wissenschaftler*innen aus dem Arabischen ins Lateinische zu übersetzen. Aber auch in anderer Hinsicht war Salerno vorbildlich: Die Tradition des Ärztinnenberufs war aus dem Römischen Reich gerettet worden, die Ausbildung und Lehre beider Geschlechter vorgesehen. 

Vorbeugung und sanfte Medizin

Trotula verfasste zahlreiche medizinische Werke und war weit über Salerno hinaus bekannt. Auf Vorbeugung legte sie allergrößten Wert. Sie empfahl Hygiene, eine ausgewogene Ernährung und körperliche Betätigung. Sie setzte sanfte Methoden wie Bäder, Salben und Massagen ein. Ihre Behandlungsmethoden waren auch für arme Leute erschwinglich. 

Kräutersitzbad für Frauen aus dem medizinischen Buch „De curis mulierum“ [Von der Heilung der Frauen]

Kräutersitzbad für Frauen
aus dem medizinischen Buch „De curis mulierum“ [Von der Heilung der Frauen]

Berühmt wurde sie vor allem aufgrund ihrer Kenntnisse der Frauenheilkunde. Sie war Expertin für Geburtenkontrolle und Unfruchtbarkeit. Die fruchtbaren und unfruchtbaren Tage im Zyklus einer Frau waren ihr bestens bekannt. So empfahl sie Enthaltsamkeit oder Geschlechtsverkehr an bestimmten Tagen, je nachdem ob ein Kinderwunsch da war oder eben nicht. Die Unfruchtbarkeit war für sie keineswegs ein Problem der Frauen. Anders als viele ihrer Kollegen betonte sie, dass die Ursache für Kinderlosigkeit durchaus auch beim Mann liegen könne.   

Verleugnet und wieder entdeckt 

Trotulas Lehren waren lange im Volkswissen verankert. Ihre Schriften waren bis zum 16. Jahrhundert Standardwerke und wurden an allen Medizinschulen verwendet. Dann geriet sie in Vergessenheit. Eine Geschichtsschreibung, die die Leistungen der Männer als zentral ansah, machte in ihren Verfälschungen und Leugnungen auch vor ihr nicht halt. Zunächst wurden ihre Schriften ihrem Ehemann, dem Arzt Johannes Platearius, zugeschrieben. Sie wurde sogar selbst als Mann bezeichnet: aus Trotula wurde Trottus. Und irgendwann wurde sogar bestritten, dass sie existiert hatte. 

Heute ist sie rehabilitiert: Dass sie existiert hat ist sicher und ihre Leistungen werden als für ihre Zeit sehr progressiv angesehen.

Gut so!

Text: Stefania Pitscheidere Soraperra


Images © Von Miscellanea medica XVIII - Wellcome Library, London, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=31154428
© „De curis mulierum“ [Von der Heilung der Frauen]



Aus der Krise lernen.

Aus der Krise lernen.

Gegen das Vergessen.

Gegen das Vergessen.